Hören wir auf, der Arbeit hinterher zu rennen
Arbeit für alle zu schaffen, ist ein wichtiges Ziel. Das schaffen wir aber nur, wenn wir die Rahmenbedingungen für die unbezahlte Arbeit verbessern, statt immer bloß der bezahlten hinterher zu rennen.
Die Arbeit geht uns nicht aus, aber zumindest die bezahlte Arbeit macht sich rar. Mit der Folge, dass der Sesseltanz um die Arbeit schon bald mehr Ressourcen verschlingt als die (produktive) Arbeit selbst. Ein Beispiel: Wie die Neue Züricher Zeitung berichtet, haben sich neulich in Italien 85.000 Bewerber um 30 Stellen bei der Banca d’Italia beworben. Davon wurden die 8.140 mit den besten Curricula (mindestens Uni-Abschluss) zu einer schriftlichen Prüfung (Concorso) eingeladen, auf die sie sich im Schnitt 5 Monate lange vorbereitet haben. Nach derselben Quelle sollen sich 8.063 Interessenten für 10 Pflegerstellen in einer Mailländer Poliklinik beworben haben.
In Italien sind 36% der Jugendlichen ohne bezahlte Arbeit, aber fast rund um die Uhr damit beschäftigt, Bewerbungen zu schreiben, sich für alle möglichen Eventualitäten weiter zu bilden und immer wieder mal zu einem Concorso zu reisen. Der Corriere della Sera hat neulich ein paar typische Fälle geschildert. Etwa diesen: der Sizilianer Salvatore Alù hat zur Zeit noch eine befristete Stelle in Olbia und sucht eine Feststelle irgendwo. Vor ein paar Tagen ist er nach Genua gereist, wo der die Zulassung zu seinem mittlerweilen siebten Concorso geschafft hat. Die Hin- und Rückreise mit der Fähre kosteten ihn anderthalb Tage und 200 Euro. Jetzt hat er eine Chance von 1 zu Hundert, zur nächsten Runde zugelassen zu werden. Noch ein paar Reisen, noch ein paar Hundert Euro.
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