Länder

Neue Perspektiven für die Schweizer Wirtschaftspolitik

| 09. Juni 2016

Die politische Diskussion der zentralen makroökonomischen Fragen in der Schweiz ist relativ steril. Das liegt daran, dass man die hinter den üblichen politischen Vorstellungen stehenden Theorien und ihre Schwächen kaum zur Kenntnis nimmt, geschweige denn in der politischen Auseinandersetzung offen diskutiert.

Teil 5

Die offenbar einsame Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) vom Januar 2015, den Frankenkurs freizugeben, hat unmittelbar vor Augen geführt, dass die traditionelle Rollenverteilung der Wirtschaftspolitik, wo die Notenbank allein für die Inflationsrate zuständig ist und die übrige Wirtschaftspolitik für alle anderen Ziele, nicht zu halten ist. Mit ihrer Entscheidung hat die Notenbank die Beschäftigungssituation massiv verschlechtert, ohne dass das von der Seite der Inflationsrate gerechtfertigt gewesen wäre. Im Gegenteil, durch die Aufwertung ist die deflationäre Gefahr noch akuter geworden. Der Widerspruch in der Notenbankpolitik kommt dadurch vollkommen klar zum Ausdruck, dass sie 2011 die Entscheidung, den Kurs auf 1,20 CHF je Euro zu halten, mit den deflationären Gefahren einer weiteren Aufwertung begründet hat, nun aber die deflationären Gefahren ignoriert, obwohl damit ihr eigentliches, das vom Gesetzgeber vorgegebene Ziel der Preisstabilität erheblich verletzt wird.

Ob eine Notenbank ihre Unabhängigkeit in Sachen Inflationsbekämpfung dafür verwenden darf, ihre Bilanzsumme trotz einer akuten deflationären Gefahr in gewissen Grenzen zu halten, ist eine vollkommen offene Frage. Die Antwort auf diese Frage ist abhängig von der Interpretation der Bilanz (siehe Teil 4 dieser Serie) zum einen und der Bedeutung, die man der Bilanzsumme bzw. der mit ihr verbundenen Zentralbankgeldmenge zumisst. Da es offenbar keinen Zusammenhang zwischen der Zentralbankgeldmenge und der Inflationsrate gibt (sonst könnte die hier beschriebene Konstellation ja gar nicht bestehen), gibt es auch keine quasi-mechanische Notwendigkeit der Begrenzung der Zentralbankgeldmenge, die von der Notenbank zur Rechtfertigung ihres Handelns angeführt werden könnte.

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