Brüsseler Spitzen

Nichts geht mehr wirklich

| 28. Juli 2021
Rahulla Torabi

Merkels letzte Tagung mit dem Europäischen Rat war ein Desaster. Deutlich wurde die östliche Bruchlinie des „europäischen Projekts“.

Am 24. Juni nahm Angela Merkel an ihrer letzten Tagung des Europäischen Rates teil; oder vielleicht doch nicht, da die Bildung der nächsten deutschen Regierung einige Zeit in Anspruch nehmen könnte. Der Europäische Rat ist das streng geheime Hinterzimmer der 27 Staats- und Regierungschefs; Exekutive und Legislative der EU in einem, ein Hotspot der „Mehrebenendiplomatie“, in der euphemistischen Sprache der amerikanischen Politikwissenschaft. Was in ihm stattfindet, verbirgt sich hinter einer Flut von sorgfältig für einen diversifizierten nationalen Nachrichtenkonsum zusammengestellten PR-Botschaften. Diesmal herrschte allgemeine Übereinstimmung darüber, dass die Tagung ein Desaster war – was von einigen auf den Umstand zurückgeführt wurde, dass die langjährige Dompteuse des Rates endgültig zu einer lahmen Ente geworden ist.

Der spektakulärste Fehlschlag war die Weigerung des Rates, einen deutsch-französischen Plan für eine Plenarsitzung mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu unterstützen. An der Spitze der Opposition standen mehrere osteuropäische Länder, die auf einer maximal feindseligen Haltung der EU gegenüber Russland bestehen oder sich die Möglichkeit einer eigenen Russlandpolitik offenhalten und jedenfalls nicht als Statisten im Schlepptau von Deutschland und Frankreich erscheinen wollen. Ihre offizielle Position, die sich gegenüber dem Möchtegern-Doppelhegemon Deutschland und Frankreich durchsetzen konnten, ist, dass jedes Treffen mit Putin einen Rückzug Russlands von der Krim zur Voraussetzung haben muss. Dabei wissen sie natürlich, dass es einen solchen Rückzug niemals geben wird.

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