Weltwirtschaft

Säkulare Stagnation?

| 24. November 2016

Mit dem Begriff der "Säkularen Stagnation" wird die These bezeichnet, dass es eine grundsätzliche Tendenz zu einem geringeren Wirtschaftswachstum gibt. Im Folgenden soll argumentiert werden, dass es sich dabei aber um keine unabwendbare Naturkatastrophe handelt, sondern ein durch falsche Politik selbst verursachtes Problem darstellt.

Seit Ausbruch der Großen Rezession 2008/09 wird diskutiert, auf welche Ursachen die schwerste Wirtschaftskrise seit 1929/33 zurückgeführt werden kann und mit welchen Maßnahmen sie bekämpft werden soll(te). Bestenfalls gibt es unter den Ökonomen einen Minimalkonsens, dass überschuldete Privathaushalte, eine zu laxe Kreditvergabe sowie eine zu geringe oder falsche Regulierung dazu beigetragen haben. Doch selbst das ist nicht völlig unumstritten und die Ursachen für die massiv gestiegene Privatverschuldung werden von den verschiedenen Lagern auch unterschiedlich bewertet, von zu liberaler bis hin zu sozialistischer Politik. Was letztlich festgestellt werden kann, ist allenfalls, dass die USA die Krise besser gemeistert haben. Das Vor-Rezessionsniveau des realen BIPs wurde in Q3 2011 erstmals wieder überschritten und zuletzt lag es knapp 11% über dem Stand von Q4 2007. Die Eurozone hat dagegen erst in Q3 2015 das Vor-Krisen-Niveau überschritten und die reale Wirtschaftsleistung liegt aktuell lediglich 1,4% höher als auf dem Höchststand vor der Rezession. Die USA sind seit Ende 2007 um 1,2% pro Jahr und seit dem Rezessionstief um 2,1% pro Jahr gewachsen. Die entsprechenden Werte für die Eurozone betragen 0,2% bzw. 1,0% pro Jahr. Ähnlich ist der Unterschied bei anderen Kennzahlen wie der Arbeitslosenquote, den Einzelhandelsumsätzen, den Reallöhnen etc.

Es spricht einiges dafür, dass diese Differenzen auf die bessere politische Reaktion auf die Krise in den USA zurückgeführt werden können. So hat etwa die US-Notenbank bereits ab September 2007 die Zinsen massiv bis auf 0% Ende 2008 gesenkt und bis vor Kurzem dort belassen. Die EZB hat 2008 sogar noch einmal die Zinsen erhöht und dann zunächst bis auf 1% 2009 gesenkt, 2011 dann erst wieder erhöht und erst ab Ende 2011 nach und nach auf 0% gesenkt. So bedeutend die Unterscheide aber auch sein mögen – die Arbeitslosenquote in Europa ist immerhin doppelt so hoch wie in den USA – doch auch in den USA ist die Wachstumsrate seit 2008 letztlich bescheiden. Damit sind die beiden größten Wirtschaftsräume der Welt wirtschaftlich seit mittlerweile fast einem Jahrzehnt schwach und in anderen Teilen der Welt sieht es vergleichbar aus. In Großbritannien sind die Zahlen sehr ähnlich zu denen aus den USA und Japan schwächelt ohnehin bereits seit den frühen 1990er Jahren. Damit befinden sich mittlerweile nahezu alle entwickelten Industriestaaten in einem Zustand nahe oder in der wirtschaftlichen Stagnation. Doch damit nicht genug. Auch viele Schwellenländer befinden sich seit einigen Jahren in der Krise und im Wirtschaftswunderland China ist die offizielle Wachstumsrate so niedrig wie zuletzt in den 1980er Jahren.

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